Müggelland

Rübezahl, Müggelseeperle und der Wendenturm.

Ich will mal wieder raus, in die Natur und heut zum Müggelsee, er ist der größte Berliner See. An seinen Ufern gingen steinzeitliche Jäger hier auf Fischfang und Jagd, wie Archäologen zu belegen wissen.
Der kürzeste Weg zu Fuß ist für mich der Strandschloßweg und ich begebe mich aus Richtung Krankenhaus Köpenick kommend auf ihm durch den Köpenicker Forst. Links und rechts des Weges ist alles naturbelassen, nach dem ich den Kienappelweg und den Chausseweg hinter mir gelassen habe und nur Einzäunungen oder Hinweisschilder auf das Trinkwasserschutzgebiet lassen noch die Zivilisation erkennen, der Weg verjüngt sich und wird teilweise zum Trampelpfad. Sogar die Spuren der Wildschweine verschwinden, denn hier ist kaum menschlicher Unrat zu finden. Das Rufen, Zwitschern oder Singen der Vögel zaubert immer ein Lächeln auf mein Gesicht und einmal hab ich bisher auch Rehe entdeckt, bevor sie mich sehen konnten. Es ist einfach Natur pur, ich setze mich ab und zu auf Baumstümpfe oder umgefallene Bäume und genieße. Dieses Genießen erklärt auch, dass ich öfter längere Zeit bis zum See brauche, 20 Minuten braucht der geübte Wandersmann bis zu den kühlenden Fluten. Wer möchte, kann sich dann hineinstürzen, noch ist das Ufer offen für Jedermann; Schilfgegenden sollten gemieden werden, um die Tier- und Pflanzenwelt zu schützen. Und nun stellt sich mit einem Blick zum Himmel immer die Frage: Nach Norden oder nach Süden weiter am Ufer? Gehe ich weiter nach Süden, gelange ich nach reichlich 15 Minuten zum Ausflugsort "Rübezahl". Hier lässt es sich schlemmen im Restaurant selbst, vergnügen im Biergarten am Grill, spielen auf dem Abenteuerspielplatz, Schlittschuhlaufen drinnen in der Eishalle und draußen auf dem See, den Urlaub verbringen im kleinen Bungalowdorf oder einfach nur den Wellengang auf dem Müggelsee beobachten, wenn die Fahrgastschiffe ablegen oder ein scharfer Wind weht.
Seit in den 1880-er Jahren der Gastwirt Gustav Müller vom nahegelegenen Teufelssee einen Bierausschank an der Dampferanlegestelle eröffnete, erfreute sich dieser Standort immer größerer Beliebtheit. Wie man in der Speisekarte des Restaurants lesen konnte, war der eingesetzte Schankwirt Carl Lange eine imposante Persönlichkeit mit riesigem Vollbart und hatte mit drei Zentnern Gewicht einen mächtigen Körperbau. Dies brachte ihm aufgrund seiner Ähnlichkeit zur schlesischen Sagenfigur alsbald den Namen „Rübezahl“ ein. Seit 1900 hieß der Bierausschank auch so und im Laufe der Zeit entwickelte er sich zu einem beliebten Ausflugslokal. Das heutige Rübezahl wurde 2000 gebaut und wird seither kontinuierlich erweitert - zur Zeit wird das neue Restaurant wieder umgebaut. Ich setze mich im Biergarten gern auf die rustikalen Möbel, verspeise dies oder das und beobachte das rege Treiben um mich herum. Interessant und oftmals belustigend sind für mich immer die "mutigen Wasserfahrzeugmieter", die hier in großen Gruppen, als Familien, Paare oder Einzelkämpfer den Schritt aufs Wasser wagen. Alle gebräuchlichen Arten von Wasserfahrzeugen liegen mit oder ohne Vorbestellung in den Vormittagstunden an der Reeling, bereit für das große Abenteuer auf den Berliner Gewässern.
Nach einer genüsslichen Rast fahre ich im Sommer oft mit einem Fahrgastschiff weiter über den Müggelsee nach Friedrichshagen oder Richtung Grünau, rund um die Müggelberge oder nach Treptow... diesmal geht es zu Fuß weiter am Müggelsee Richtung Süden.
Der bisher direkt parallel zum Wanderweg am Müggelsee angelegte Europaradweg R1 wird oberhalb des Rübezahlgeländes weitergeführt und wunderschön durch den Wald Richtung Müggelheim/Erkner.
Soweit aber will ich heut nicht, sondern nur bis zu einer wiederentdeckten kleinen Perle am Müggelsee, dem Wendenturm.
Ca. 10 Minuten dauert eine Wanderung dorthin oder länger, wenn man wie ich spaziert und an den vielen kleinen Lieblingsorten mit Seeblick verweilt und z.B. nach flachen Steinen sucht und sie übers Wasser springen lässt. Das Wasser ist hier meist sehr schön klar und lockt …
Bald ist das Ziel, das Gelände des ehemaligen Prinzengartens, erreicht. Dieser war zur Jahrhundertwende, also um 1900 wie „Rübezahl“ auch eine sehr beliebte Ausflugsgaststätte, der Inhaber war ein Herr Prinz. Bis 1953 blieb die Anlage in Familienhand, später wurde sie als „Müggelseeperle“ wieder sehr beliebt, heute ist an dieser Stelle ein Tagungshotel, welches künftig auch wieder mehr für die Öffentlichkeit genutzt werden soll und heißt Hotel zum Müggelsee.
Der Wendenturm ist etwas abseits vom Hotel, nahe am Wasser und der Anlegestelle für Ausflugsschiffe gelegen, seine Geschichte ist umstritten - er soll sogar als Zollhaus gedient haben.
Vor der politischen Wende Ostdeutschlands gab es hier oft Familienfeiern nach wendischer Lebensart, als Wein und Bier noch aus Hörnern zu trinken war. Danach blieb er lange Zeit ungenutzt bis sich ein mutiger Pächter fand, der sich durch den Behördendschungel kämpfte und auch 2018 mit großartigen Open Air-Veranstaltungen aufwartet.
Leckeres vom Fleischer aus der Feldküche und vom Grill bekommt der Wanderer vom BBQ Imbiss am Wendenturm.
Näheres findet man auf der neuen Internetseite wendenturm-koepenick.de.
Bemerkenswert ist, dass ausschließlich Fleischerei, Bäckerei und Fischerei aus Berlin-Brandenburg Vertragspartner des Wendenturmteams sind und auch frisches Bier aus der Region gezapft wird.
Nun genieße ich so richtig das "urige Angebot" an Speis und Trank, schau mir den Veranstaltungskalender an und freu mich schon auf das nächste Mal.
Müggelland hat sich eine kleine Perle zurückerobert und ich fahre von der schon historischen BVG-Haltestelle "Müggelseeperle" zurück zum Ausgangspunkt.

von U.L.

Wegbeschreibung
Bus 169, 269, X69, 165
Tram 27, 67