Während am Moritzplatz die Autos im Kreis fahren, sitze ich nur zwanzig Meter entfernt auf einer Bank im Prinzessinnengarten und schaue herrlich entschleunigt den Pflanzen beim Wachsen zu.
Schon wenn ich durch das Tor zum Garten gehe, fühle ich, wie der Stadtmantel abfällt und das Gespür für die Natur freigelegt wird.
Dieses Gespür ist ja immer unterschwellig da, kommt aber kaum zum Tragen, wenn man in der Stadt lebt; deshalb muss ich ab und zu solche Orte aufsuchen, um es lebendig zu halten.
Kann ich nur empfehlen!
Viele Hände haben diesen Gemeinschaftsgarten geschaffen und schaffen noch immer. Viele individuelle Ecken gibt es hier zu sehen – ein buntes Knäuel von Kreativität. Vielleicht erscheint mir deshalb der Garten größer, als er von draußen aussieht.
Praktischerweise hängen und stehen auch ein paar Bienenkörbe herum – die Tierchen haben reichlich zu tun und nach Hause haben sie es nicht weit.
Man kann hier stundenlang sein, wenn man will; es gibt zu essen und zu trinken für kleines Geld und sitzt inmitten eines jungen Wäldchens, das eigens angelegt wurde.
Und wenn ich abends, aufgetankt von der Sonne und dem Flecken Natur, wieder hinaus gehe, fahren die Autos noch immer im Kreis.
Jetzt aber nach Hause – meine Prinzessin wartet schon auf mich.
von Karl Klar
Karl Klar (geboren in Ostwestfalen) macht Gemälde, Zeichnungen und Medienkunst.
Auf der Suche nach neuen Methoden zur "Lektüre der Stadt" konzentriert er sich auf die Idee des "öffentlichen Raums": Der nicht-private Raum, der immer dann privat wird, wenn er als Lieblingsort erkoren wird. Karl Klar lebt und arbeitet derzeit in Berlin-Kreuzberg.
Wegbeschreibung
U8 Moritzplatz
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