Kleiner Park am Rummelsburger See im Winter

Sirtaki im Schnee oder Kein Mädchen mit den Schwefelhölzern

Vor nicht gar so langer Zeit hatten wir mal einen Winter, indem bis Ende Februar alles voller Schnee lag. Besonders im Kleinen Park am Rummelsburger See war es nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die schlittenfahrenden Kinder und die Skiläufer weg waren, einfach traumhaft.
Man hatte dieses Schneeparadies in der eisekalten Winternacht ganz für sich allein. Weil das so genial in diese herrliche weiße Pracht passte, konnten sich auch die meisten Anwohner am Rummelsburger See nicht von ihrer Weihnachtsbeleuchtung trennen, so das die Fenster und die Bäume in den Vorgärten noch bis weit in den Februar hinein festlich illuminiert waren.
Das schrie ja regelrecht nach einem spontanen Winternachtsausflug. Leider war es meinen Bekannten zu kalt. Ich lud mir von einem bekannten Internetanbieter die Filmmusik von Alexis Sorbas auf meinen MP3 Player (Der Film war kurz vorher im Fernsehen gelaufen.), holte mir im Späti Neue Bahnhofstraße Ecke Boxhagener, der auf meinem Weg lag, eine Flasche Rotkäppchensekt und fuhr zum Rummelsburger See.
Keine Menschenseele war zu sehen, so dass man völlig unbeobachtet war. So konnte ich mit meinem MP3 Player im Ohr den Sorbas geben und meine tänzerischen Ambitionen voll ausschöpfen, was mich auch vorm Frieren schützen sollte, denn es war so kalt wie in Sibirien. Es gibt übrigens Flashmobvideos von Sorbas the Greek auf youtube. Wenn mich einer beim Tanzen beobachtet hätte, würde er sich wohl gewundert haben. Ich schwebte mit Sirtakiklängen im Ohr durch den malerisch verschneiten Park, übrigens alles andere als unglücklich, sondern ich fühlte mich ganz im Gegenteil pudelwohl. Also nichts da mit dem „Mädchen mit den Schwefelhölzern“ (Märchen von Hans Christian Andersen wo ein Mädchen versucht, sich die klammen Finger an Streichhölzern zu wärmen). Ob in Griechenland wohl jemals Schnee fällt? Der Grund für meine gute Laune waren aber nicht die paar Schlucke Sekt, die mir noch vergönnt waren, bevor die Flasche in eine hohe Schneewehe fiel und unauffindbar blieb. Das Unglück passierte hinter dem Palmkernölspeicher in Richtung Alt Stralau.
Dass man in so einer großen Stadt wie Berlin mal völlig allein und unbeobachtet ist, ist auch eine Seltenheit. Normalerweise ist diese Gegend als Naherholungsgebiet sonst zu jeder Tages- und auch Nachtzeit stark belebt. Ich bin wirklich die ganze Zeit über keiner einzigen lebenden Seele begegnet, wenn man davon absieht, wie ich einen Fuchs beobachtete, der von der Stralauer Seite über den zugefrorenen See zum Rummelsburger Ufer lief. Weil ihm wohl die Pfoten froren, hüpfte er dabei wie ein Kängeruh auf und ab. Langsam wurde es mir doch zu kalt und Sekt war ja auch keiner mehr da und ich kehrte um in Richtung Heimat.

PS Die Filmmusik von Alexis Sorbas ist von Mikis Theodrakis und geht auf die griechisch / türkische Rembetikomusik zurück. Die Zuschauer geben ihrer Begeisterung über die Musik Ausdruck, indem sie die Band mit Tellern bewerfen. Normalerweise tanzt wohl bloß ein Mann allein auf der Tanzfläche. Wenn sich ein anderer Mann dazugesellt, ist das eine Ehrverletzung, die mit dem Tode bestraft werden muss. Die Zuschauer bestanden oft nur aus Zuhältern mit ihren Mädchen. Frauen waren normalerweise nicht zugelassen.

von Tanja

Wegbeschreibung
S- Bahnhof Rummelsburg