SEZ an der Landsberger Allee

Ade Tropical Island made in Friedrichshain (Januarwetterspecial)

Dies ist ein Januarwetterspecial, weil es jetzt gerade Ende Januar 2018 ist. Es ist kalt in Berlin und es nieselt den ganzen Tag, während Tina, Daniele und Jenny frustriert im Dschungelcamp sitzen und abkotzen, obwohl sie im Warmen sind und dabei außerdem noch immer dünner werden. Da bietet es sich doch geradezu an, an das warme, immer wohltemperierte und lichtdurchflutete SEZ zu erinnern.
Im Jahre 1982 wurde in Berlin eine Ufolandung gesichtet und zwar an der Leninallee, heute Landsberger, an der Schnittstelle der drei Arbeiterbezirke Lichtenberg, Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Anders als in dem Science Fiction Roman "Krieg der Welten" von H.G. Wells waren die Außerirdischen den Erdenbewohnern sehr wohl gesonnen. Sie versorgten sie mit himmelblauen, wohl temperierten Wasserbecken, Urwaldpalmen, Sonnenbänken, wohlschmeckenden Eisbechern, kurz gebratenen Steaks und zahlreichen Volleyballfeldern, Tischtennisplatten, Roll- und Schlittschuhbahnen sowie Kraftsportgeräten. Da hatte sich das Politbüro ja mal was Gutes ausgedacht. Schwedische Bauleute hauten uns einen lichtdurchtfluteten Moloch aus Glas und Stahl vor die Füße. Innendrinn war es immer pudelwarm und blitzblank geputzt.
Man saß gemütlich im Badeanzug mit einem Eisbecher in der Hand da und beobachtete schadenfroh, wie die anderen vor der Scheibe sich im Berufsverkehr abhetzten. Vor lauter Wohlbefinden kam man kaum zu Schwimmen. Ständig gab es Wellenbaden, Wasserfälle, Solarliegen, Kaskaden. Man wollte nichts auslassen und das ganze Vergnügen auskosten in der kurzen Zeit. Mit den grauen Betonschwimmhallen, die man so kannte, hatte das SEZ nichts zu tun. Das war ein Unterschied wie zwischen Kantinenessen und Gourmetrestaurant. Bald war die Zeit in der Schwimmhalle um, und man musste wieder in die kalte Hinterhauswohnung mit Ofenheizung und Außentoilette in der Käthe Niederkirchner Straße im Prenzlauer Berg.
Das Anstehen an der Tür zur Schwimmhalle konnte schon mal einige Stunden dauern, aber das nahm man gerne in Kauf. Glückliche Menschen, mit frisch gefönten Haaren kamen aus dem Eingang heraus und machten Platz für andere mit erlebnishungrigen Gesichtern.
Die Berliner wissen ja, was mit dem SEZ passiert ist. Daher möchte ich mit diesem Artikel keine Eulen nach Athen tragen.
Vor ein paar Jahren kam ich mal am SEZ vorbei. Die Becken waren geleert, aber die blauen Kacheln gab es noch. Merkwürdigerweise standen die Palmen, jetzt aber natürlich viel größer geworden, noch im Schwimmbad. Der Anblick brach mir das Herz. Wieder ein paar Jahre danach waren die Kacheln alle rausgebrochen, aber die Palmen gab es immer noch. Wahrscheinlich wusste keiner so richtig wohin mit ihnen und man traute sich auch nicht, sie zu entsorgen. Sowas nannte sich dann Sanierung.
Im Moment stehen die Zeichen auf Abriss. Zur Landsberger Allee hin ist alles verriegelt und verrammelt.

von Tanja Tanja

Wegbeschreibung
Steigt am S - Bahnhof Warschauer Str. in die Tram M 10 und fahrt bis zur Haltestelle Landsberger Allee / Petersburger Straße aussteigen. Das Ziel ist nicht mehr zu verfehlen.