Forckenbeckplatz

Vom Schmuddelplatz zur Liegewiese

An einem dieser Tage zwischen ausklingendem Winter und beginnendem Frühling sitze ich hier auf einer Bank und genieße die ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Eigentlich will ich 2-3 Seiten in einem kürzlich erworbenen Buch lesen. Doch dann höre ich ein Klopfen, als wäre unweit von mir ein Schwarm Spechte zugange... Das Geräusch kommt vom gegenüberliegenden Abenteuer-Spielplatz, und die Spechte sind Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, die mit Hämmern jeder Größe Nägel in Bretter schlagen, und so eine kleine Hütte oder Ähnliches entstehen lassen - ein Bauplatz in einer Endlosschleife...
Ich schließe die Augen, höre dieses unregelmäßige Klopf- Klopf- Klopf... und meine Gedanken gehen weit zurück....
Als ich vor fast 40 Jahren hier her zog, war das ein wahrer Schmuddelort. Fest "in den Händen" von Hunden und deren Besitzern sah der Rasen entsprechend aus, oder besser das, was davon übrig geblieben war. Überall Löcher und die vielen Hinterlassenschaften der Vierbeiner. Wer hier Ausschau hielt nach einem Plätzchen für die Picknick-Decke, der musste enttäuscht von dannen ziehen. Sitzgelegenheiten gab es kaum, die wenigen Bänke waren entweder zerstört oder arg beschädigt.
Als dann zu Beginn der 90er Jahre in unmittelbarer Nachbarschaft Neubauten entstanden und dort vor allem junge Familien einzogen, war allen klar: So konnte es nicht bleiben! Anwohner und Bezirksamt setzten sich an einen Tisch, suchten und fanden Lösungen. Die "Hundefraktion" zog an einen anderen Ort und der "Forcki", wie er von den Menschen im Kiez liebevoll genannt wird, wurde von Grund auf saniert...
Sein Schmuddel-Image hat dieser Platz damals abgelegt. Gemausert hat er sich zu einem bunten Tummelplatz für Punker, Studenten, Rentner, Sonnenanbeter, Feierabend-Bierchen-Trinker und Liebespärchen. Jeder findet hier sein Plätzchen - egal, ob auf der Wiese oder auf einer der neuen Bänke. Eigens für Grillfreunde wurden rustikale Sitzecken mit Tischen geschaffen. Und ja - auch Hunde trifft man hier wieder an. Deren Haufen jedoch weniger. Schön ist es hier geworden. Und irgendwie haben alle ein Auge darauf, dass es auch so bleibt.
Für Kinder gibt es hier neben dem Abenteuer- und Bauspielplatz noch einen weiteren mit Klettergerüst, Rutsche und viel Sand! Ausserdem ist da noch eine Plansche mit wasserspeienden Elefanten, die den ganzen Sommer über in Betrieb ist.
Wer am Nachmittag Appetit auf ein Stück selbstgebackenen Kuchen und eine Tasse Kaffee bekommt, kann dies in dem pavillonähnlichen Café "Kokon" gegen ein sehr geringes Entgelt erhalten.
Langsam tauche ich aus dem Meer der Gedanken wieder auf. Die Kinder hämmern noch immer, was das Zeug hält... Mein Blick gleitet über den Platz...
Und plötzlich stelle ich mir vor, der alte Herr von Forckenbeck (Oberbürgermeister von 1878 bis 1892) würde auf der Bank dort hinten, wo die Rosen gepflanzt sind, sitzen, in dunklem Frack, einen Zylinder auf dem Kopf, beide Hände vor sich auf dem Knauf seines Spazierstocks abgelegt. Ich bin mir sicher - er würde zufrieden lächeln über die wundersame Wandlung jenes Platzes, der seinen Namen trägt.

von Karola Walter
K. Walter lebt seit 1980 im Friedrichshain. Sie arbeitete u.a. als Lehrerin, Puppenspielerin, Zeitungsverkäuferin, Galeristin. Ihr Leitsatz: Das Leben ist bunt.
Hobbies: Malerei, Fotografie, Geschichten schreiben und erzählen.

Wegbeschreibung
die Tram Linie 21 hält direkt am Forcki;
man kann aber auch mit der S-Bahn bis Storkower Straße fahren (S41, S42, S8, S85, S9) und dann die August-Lindemann-Straße bis zum Ende laufen (ca. 10min), durch die ehemalige Zufahrt hindurch, auf den Rewe-Vorplatz - gerade rüber ist der Forcki