Alte Freibank an der Leninallee, die heute Landsberger heißt

Hungrige Leute in Berlin I, Endlich mal wieder Fleisch in der Suppe (Special Heißer Sommertag)

„Der Schlachthof in Berlin. Im Nordosten der Stadt zwischen der Eldenaer Straße über die Thaerstraße weg über die Landsberger Allee bis an die Cotheniusstraße die Ringbahn entlang ziehen sich Häuser, Hallen und Ställe vom Schlacht- und Viehhof. … Die Rinderhalle, die Schweinehalle, die Schlachträume: Totengericht für die Tiere, schwingende Beile, du kommst mir nicht lebend raus. … Aus den Provinzen rollt das Vieh an. Exemplare der Gattung Schaf, Schwein, Rind aus Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Brandenburg. … Friedliche Straßen grenzen an, Straßmannstraße, Liebigstraße, Proskauer, Gartenanlangen, in denen Leute spazieren.“
Alfred Döblin Berlin Alexanderplatz

Beim Fotografieren für den Text über das SEZ radelte ich auf dem Rückweg die Landsberger rechts in Richtung S-Bahnhof Landsberger Allee entlang. Ein rotes Backsteingebäude Ecke Hausburgstraße rief ein unbestimmtes Gefühl des Wiedererkennens in mir hervor und tatsächlich war sie das, die Freibank.
Auf der Rückseite des Gebäudes befindet sich noch die ehemalige Aufschrift (ist von der Ostrowskistraße aus gut zu sehen). Die alten Zeiten von vor über 30 Jahren, so Mitte der 80er muss das gewesen sein, kamen mir wieder in den Sinn. Damals wohnte ich mit wenig Geld aber vielen Kumpels in der Käthe Niederkirchner Straße in Prenzlauer Berg.
Von der Freibank habe ich das erstemal etwas im Arbeiterwohnheim vom Backwarenkombinat in der Wilhelm Pieck Straße, heute Torstraße, gehört. Eine Mitbewohnerin, die mit drei Geschwistern und einer alleinerziehenden Mutter in Berlin aufgewachsen ist, erzählte mir, dass für ihre Familie die Freibank, wo es sehr billiges Fleisch gab, oft die letzte Rettung am Monatsende war. Angeblich waren die Tiere wohl nicht krank, sondern hatten sich nur ein Bein gebrochen und mussten notgeschlachtet werden.
Als bei mir später mal eine totale finanzielle Pleite ausbrach, so Mitte der 80er, mußte ich an Ramonas Erzählungen denken und beschloß meine Vorbehalte über Bord zu werfen. Also stieg ich mit wenig Geld aber einer großen Tasche an der Leninallee aus der S-Bahn.
Einmal die Woche wurde auf dem alten Schlachthof, der sich im sogenannten Dreiländereck Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Lichtenberg befindet, nachmittags Freibankfleisch verkauft. Ich irrte auf dem Schlachthofgelände zwischen Jauchepfützen herum. Aus den Ställen ringsumher hörte man ängstliches Grunzen von Tieren in Todesangst. Jedem Veganer hätte sich das Herz im Leib umgedreht.
Ich musste aber nicht lange suchen, denn die Schlange von Berlinern mit kleinem Einkommen aber großen Familien war nicht zu übersehen. Noch nie zuvor hatte ich gesehen, dass Leute mit Reisetaschen einkaufen gehen. Als das Tor geöffnet wurde, erblickte ich einen Berg Knochen bis zur Decke und Riesenwürste. Nach einer guten Stunde anstehen konnte ich eine Leberwurst und eine Jagdwurst erwerben. Beide waren so lang wie ein Arm und hatten ungefähr 20 cm Durchmesser.
Solche großen Würste hatte ich bis daher noch gar nicht gesehen. Das Allerschönste daran war, dass eine nur 2 Mark der DDR kostete, also fast gar nichts. Mehr Auswahl gab es dort eigentlich nicht also keine Schnitzel, Aufschnitt usw.. Obwohl sie so billig waren, schmeckten die Würste extrem gut und Nebenwirkungen wie Ausschlag und andere Klamitäten traten auch nicht auf.
Meine Kommune in der Käthe Niederkirchner Straße, die aus meiner Freundin, ihrem Freund und meinem Freund bestand, konnte sich endlich mal wieder richtig sattessen und hatte für die Woche ausgesorgt. Wir mussten uns aber mit dem Aufessen beeilen, denn es war so heiß wie heute ( 31. Mai 2018, 32 Grad ), und ich hatte keinen Kühlschrank.

von Tanja

Wegbeschreibung
Fahrt mit der S - Bahn bis zur Landsberger Allee. Das Schlachthofgelände befindet sich gleich in der Nähe. Lest das vorangefügte Zitat. Die ehemalige Freibank befindet sich in der Hausburgstr. 4 - 8. Wenn man aus der S-Bahn kommt geht man die Landsberger runter Richtung SEZ, biegt links in die Hausburger ein. Das Ziel befindet sich gleich Ecke Landsberger auf der linken Seite. Es ist ein rotes Backsteingebäude.
Durchfuttern in Berlin
Für Fahrradfahrer mit Zeit
Die kulinarische Reise beginnt bei Nr. 1 an der ehemaligen Freibank Landsberger Allee Ecke Hausburgstraße (Erinnerung an hungrigere und schlankere Zeiten), dann wird die Landsberger links in Richtung SEZ runter gefahren, es wird links in die Petersburger eingebogen und auf der anderen Straßenseite befindet sich in der Petersburger 92 die Nr. 2 das Kiezcafe (als es noch in der Wühlischstraße war, habe ich dort 2001 gekocht). Dann geht es geradeaus über die Frankfurter, die Warschauer Straße runter bis zu Nr. 3 dem Bäcker in der Rewekaufhalle (der Latte ist hier noch schmackhaft und bezahlbar), man überquert die Warschauer Straße, geht auf der anderen Seite die Revaler runter, biegt rechts in die Modersohnstraße, überquert die Modersohnbrücke und dort ist Nr. 4 die Fleischerei Niemann (Bockwurst 1,20 €). Danach biegt man rechts in die Stralauer ein und überquert links die Oberbaumbrücke. Dann geht es die Skalitzer Straße geradeaus bis zum S- Bahnhof Schlesisches Tor zur Nr. 5 dem Pizzabäcker und dem Linsensuppenimbiss. Dann geht es geradeaus die Skalitzer runter bis zum Kotti, dort wird links abgebogen und den Kottbuser Damm bis zum Hermannplatz zu Nr. 6 (türkische Pasten und Deutsche Hausmannskost) hochgefahren. Bei Karstadt (Kartoffelpuffer) wird rechts in die Hasenheide eingebogen. Es geht geradeaus bis zum Mehringdamm am Südstern vorbei. Dort wird die Straße überquert. Von der anderen Straßenseite geht es rechts in die Yorkstraße ab. Dort befindet sich in der Yorckstraße 76 die Nr. 7, der Feinkostladen Landkost (Superbrötchen). Dann geht es wieder zum Mehringdamm zurück und man biegt links in Richtung Kreuzberg ein. Am Gitschiner Ufer wird rechts eingebogen und in Richtung Oberbaumbrücke gefahren. Vor dem Biosupermarkt auf der linken Seite der Skalitzer ist Station Nr. 8 (hungrige Straßenzeitungsverkäuferin). Dann geht es über die Oberbaumbrücke die Warschauer Straße runter bis zum Narvagelände, das sich rechterhand der Straße von der Kreuzung Stralauer Ecke Warschauer bis zum S- Bahnhof Warschauer Straße erstreckt. Dort ist Station Nr. 9 (ehemalige Narvakantine). Ein Stückchen weiter die Warschauer hoch befindet sich am S- Bahnhof Station Nr. 10 (dort war bis vor kurzem der Bratwurstimbiss Hahnfeld). Endstation